Spirituelles-Portal Impressum, Kontakt AT D Image Map

Keine Daten gefunden

Notice: Undefined variable: widthGV in /var/www/web333/html/spirit/inhalt/grosseVeranstaltungen.php on line 29


Keine Daten gefunden
Kooperations-Partner
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Zitat des Tages
A. Saint-Exupery
Man sieht nur mit dem Herzen gut, denn die wesentlichen Dinge bleiben für die Augen unsichtbar.


»Zitate suchen / selber eingeben

Mensch, werde wesentlich



Yes, we can!
Lieber ein bewusstes Ego als abzurutschen in die Psychose

Was das Ego eigentlich ist und das Sein, das sind die tiefsten spirituellen Fragen überhaupt. An den Antworten auf diese Fragen erkennt man, wo einer spirituell steht. Das ist wohl heute immer noch so, wie schon vor Jahrtausenden.
Wer einmal erkannt hat, dass Menschen rechthaberisch sind und beleidigbar, und dass sie darunter leiden, dass sie das sind, der neigt dazu, im Ego einen Widersacher zu sehen. So wird das Ego der erste große Feind auf dem spirituellen Weg – scheint es doch die Ursache zu sein für das Leiden an allem, was mit unserer eng begrenzten Ich-Identität zu tun hat: mit unserem vermeintlichen materiellen und geistigen Besitz, mit unserem Stolz auf persönliche Eigenschaften, mit unserer Suche nach Anerkennung und Würdigung. Das Leiden scheint mit der Illusion zusammen zu hängen, dass dieses Ich etwas Festes ist und gegen Angriffe wie Beleidigungen, Ehrverletzungen, Unterstellungen und andere Anfeindungen geschützt werden sollte. Wer einen Einblick in diese Zusammenhänge gewonnen hat, entwickelt meist einen Widerwillen gegen "das Ego" und glaubt nun, es sei das Haupthindernis auf dem spirituellen Weg, dem Weg zu Liebe und Erkenntnis, Bewusstsein, Einsicht, Aufklärung, Erleuchtung – für die Theisten: auf dem Weg zu Gott.

Das Ego als Feind?
Das ist aber nur der Anfang. Das Ego für einen Feind zu halten, ist nämlich auch wieder ein Hindernis. Genau genommen ist die Feindschaft mit dem Ego ja eine neue Variante des Ego. Wer mit dem Stolz "jemand" zu sein auf Kriegsfuß steht, fühlt sich ja wiederum als "jemand": nämlich als einer, der damit auf Kriegsfuß steht, was offenbar nur eine neue Variante dieses Stolzes ist. Wer sich das Gefängnis zum Feind macht, bleibt gefangen.
Gefängnis? Ist das Ego überhaupt ein Gefängnis? Ist es nicht ganz normal, sich für einen Jemand zu halten, für eine ganz bestimmte Person mit ganz bestimmten Eigenschaften? Ja, es ist ganz normal. Wenn diese Eigenschaften, die ich an mir entdecke und damit "mir" zuweise, tatsächlich vorhanden sind, ist es völlig in Ordnung, "mich" für ihren Träger zu halten. Wenn ich dann auch noch weiß, dass diese Eigenschaften unter bestimmten Bedingungen entstanden sind, dass sie also einen Anfang und ein Ende haben und veränderbar sind, dann bin ich schon nicht mehr völlig in dem Gespinst von Illusionen gefangen, das die Inder "Maya" nennen. Dann bin jedenfalls nun viel weniger beleidigbar, selbstsüchtig, rechthaberisch oder großspurig, und was es da noch so an Eigenschaften eines Egoisten gibt. Dann verstehe ich, dass ich entstanden bin, also auch wieder vergehe. Wer ich bin, das könntest auch du sein.
Das Ego, die Ich-Identität ist ein Fließgleichgewicht, das sozial entstanden ist und in enger Wechselwirkung mit der umgebenden Gesellschaft bleibt. Es ist nichts Festes, deshalb nennen viele spirituellen Lehrer es eine Illusion. Das wir "es haben" – das heißt: dass wir an dieser Illusion haften – das ist eine Tatsache. Der Glaube an das Ego ist der Glaube an eine Illusion, aber es gibt diesen Glauben tatsächlich.

Ego versus Sein
In spirituellen Kreisen wird die Erkenntnis des Seins, dessen was ist, das Versinken darin oder Verschmelzen damit, gerne der Ego-Sicht auf die Welt gegenübergestellt. Demnach ist die Ego-Sicht falsch, weil begrenzt, "egoistisch", nur ein Partikularinteresse berücksichtigend, während die mystische oder ganzheitliche Sicht das Ganze erkennt. Könnte nicht auch, wenn jedes Ego sein Partikularinteresse auf intelligente Weise verfolgt, das Ergebnis insgesamt besser sein, als wenn jedes Ego mit dem Ganzen verschmilzt und dann, verschmolzen mit allem, gar nichts mehr tun will, weil ja schon alles gut ist, so wie es ist? Diese Frage stellt sich der Mainstream-Spiri nicht. Er findet das Ego schlecht; alles, was "das Ganze" betrifft, erkennt oder damit verschmilzt hingegen, ist für ihn irgendwie gut.
So ist "das Sein" in der spirituellen Szene zum Kultobjekt geworden. Eigentlich ein substantiviertes Verb, das sich aus einem Hilfsverb heraus mysteriös verselbständigt hat. Sprachlich betrachtet hat es nicht mehr Realität hat als "das Haben" und fasziniert doch immer wieder so viele Menschen, von Heidegger bis heute. Satsang-Fans lassen sich von dieser Faszination dahin tragen, es in Großbuchstaben zu schreiben, wenn ein Lehrer oder eine Methode sie in das reine SEIN geführt hat. Rein? Kann das Sein denn auch unrein sein? Ja, wenn es "durch die Ego-Brille" betrachtet wird, durch verzerrende Erwartungen oder Vorurteile, sagen die Anhänger dieser Sichtweise und sind damit wieder mitten im Dualismus gelandet.

Ähnlicher den Dingen
So schön hat Rainer Maria Rilke den mystischen Zustand des Ergriffenseins durch das reine Sein in Worte gefasst:
»Wie ist das klein, womit wir ringen,
was mit uns ringt, wie ist das groß;
ließen wir, ähnlicher den Dingen,
uns so vom großen Sturm bezwingen,
wir würden weit und namenlos.«
"Ähnlicher den Dingen" zu werden, wie kann das für Menschen ein Ziel sein? Wenn wir werden wie die Dinge, verlieren wir dann nicht unsere Menschlichkeit? Das ist eben der Unterschied zwischen Transzendenz und Regression: Wenn wir regredieren, benutzen wir einander wie Dinge; wenn wir hingegen transzendieren, gehen wir Menschen darüber hinaus und verschmelzen mit dem Ganzen, das eben auch die Dinge enthält, die sich dem Sturm des Ganzen, dem Sturm Gottes oder des Universums nicht widersetzen, was der kleine und dabei doch so größenwahnsinnige Mensch im unerleuchteten Normalzustand typischerweise tut.

Erleuchtet oder psychotisch?
Der normalen, alltagstauglichen Ich-Identität – gemeinhin "Ego" genannt – verlustig zu gehen, bedeutet aber nicht immer einen Eintritt in den siebten Himmel der religiösen Ekstase. Auch in der Psychose ist die Ich-Identität weg; der sie Erleidende weiß nicht mehr "wer er ist". Für Psychiater und die meisten Psychologen ist Ich-Verlust nichts Heiliges, sondern eher das Gegenteil davon: eine Krankheit. Denn der Psychotiker findet nicht mehr zurück. Er hat sein Alltagsego verlassen, aber anstatt nun in das glückselige Einheitsbewusstsein einzutreten, "ist" er nun mal dies, mal das, ohne erkennbaren Zusammenhang. Mal ist er mit dem einen Fragment seiner zerrissenen Seele identifiziert, mal mit dem anderen und bekommt so sein Leben nicht in den Griff und auch nicht unter einen Hut. Der eine Teil von ihm weiß nicht, was der andere tut, alles driftet auseinander. Solche Menschen sind nicht lebensfähig. Deshalb ist die Psychologie im Gegensatz zur Spiritualität davon überzeugt, dass das Ego etwas Gutes ist.

Das Ego von Barack Obama
Neulich las ich im TIME magazine, das gerade Barack Obama zur "Person of the Year" gemacht hat und ihn zu seinem Erfolg befragte, dass er geantwortet habe: I have a pretty healthy ego – Ich habe ein recht gesundes Ego. Damit begründet er, dass er zum Beispiel keine Angst hat davor, die besten Leute zu engagieren, sogar wenn sie die klüger ("smarter") sind als er. Ein Mensch mit einem gesunden Ego hat auch nicht das Bedürfnis, sich Führerfiguren anzuhängen (wie etwa sein Vorgänger Bush als wiedergeborener Christ). Hier strahlt uns ein gesundes Verhältnis zum Ego entgegen, von dem sich die spirituelle Szene ein Stück abschneiden könnte, meine ich. Aus einem intakten Ego-Bewusstsein heraus die Ganzheit zu erfahren, ist viel gesünder als aus einer Demütigung heraus. Auch das gesunde, intakte Ego hat, ebenso wie das in einer Lebenskrise erschütterte Ego, blinde Flecken. Es verdrängt, was es vermeintlich "nicht ist". Aber auch das ist unvermeidlich und gewissermaßen die Bedingung unserer Kultur, Gesellschaft und Vielfalt an menschlichen Identitäten.

Bewusstwerdung
Ich meine, dass das religiöse und spirituelle Denken sich von den klassischen Dualismen lösen muss. Spirituelle Lehrer, die heute mit Bezug auf Ramana, Osho oder Papaji – diesen großen Mystikern des 20. Jahrhunderts – die Auflösung des Egos und den Eintritt in das reine Sein als das A & O der Spiritualität lehren, haben etwas missverstanden. Ein Ego zu haben ist in Ordnung. Es ist fragil genug, das arme Ego, wir sollten es mit unserer spirituellen Moral nicht auch noch beschimpfen. Besser wäre, ihm Intelligenz einzuhauchen, um aus einem dummen Ego ein kluges Ego zu machen. Steht es doch sowieso vor dem Hintergrund des Nichts & Alles, dem Sein oder Ganzen, vor dem es nur eine kleine, gebrechliche Struktur ist. Und eine, die wir gestalten können! Wenn wir uns doch nur ihrer bewusst werden könnten. Und das können wir: Yes, we can!
Mein Plädoyer gilt deshalb der Bewusstwerdung des Ego. Zu überwinden brauchen wir es nicht. Sich des Egos bewusst zu werden, ist bereits das Maximum dessen, was was man damit "tun" sollte. Es zu verteufeln sowie jeder Versuch es zu verscheuchen, entsorgen oder verabschieden führt nur zur Verdrängung – oder in die Psychiatrie.




Weitere Kolumnen von: Wolf Schneider


   



Weitere Kolumnen von: Wolf Schneider


Radio-Interview mit Wolf Schneider:
Teil 1 - Teil 2 - Teil 3 - Teil 4





Wolf Schneider

Wolf Schneider, Jahrgang 1952, studierte Naturwissenschaften und Philosophie in München. Schon während seines Studiums begab er sich auf Reisen. Die nächsten Jahre verbrachte er in Europa und Südasien, wo er ab 1976 als buddhistischer Mönch in Thailand lebte und von 1977-1990 Schüler von Osho war. Zurück in München gründete er 1985 die Zeitschrift connection, die noch heute als connection Spirit mit der Sonderheftreihe connection Special erscheint. Seinen 2005 gegründeten Verlag mit integrierter "Schule der Kommunikation" wandelte er Anfang 2008 erfolgreich in eine AG um. Im Connectionhaus veranstaltet er Jahrestrainings unter dem Motto: "Kreativität, Kommunikation und Inszenierung". Mit seiner offenen, ehrlichen und humorvollen Art zu kommunizieren, schenkte er uns ein wunderbares Theaterstück (Zauberkraft der Sprache) und zahlreiche Bücher, die uns Leser in eine spannende Welt der Spiritualität entführen. Sein neuestes Buch: "Das kleine Lexikon esoterischer Irrtümer" erscheint im August 2008 im Gütersloher Verlagshaus.



Zusätzliche Informationen:
» www.wolf-schneider.info

Weitere Texte von W. Schneider:
» www.schreibkunst.com


Connection AG
Wolf Schneider

»Info-Seite im Portal

www.connection.de
Impressum | Kontakt (Email) | Mediadaten | Suchmaschinenoptimierung | Datenschutz | Spirituelle-Anbieter