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Zitat des Tages
A. Saint-Exupery
Man sieht nur mit dem Herzen gut, denn die wesentlichen Dinge bleiben für die Augen unsichtbar.


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Mensch, werde wesentlich



Sinnlichkeit ist Religion
Hörst du diesen Ton? Es kann der Ton einer Klangschale sein oder eines Gongs, der in der Stille verebbt, bis nichts mehr hörbar ist. Aber auch jedes andere Geräusch kann diese Erfahrung vermitteln: Vogelzwitschern, Straßengeräusche, das Zischen einer Kaffeemaschine, menschliche Stimmen, egal was. Einem Ton zu lauschen, der entsteht und wieder vergeht, ist eine meditative Übung. Und es ist sinnlich!
Allerdings assoziieren die meisten Menschen mit Sinnlichkeit nicht einfach Geräusche, Gerüche oder visuelle Sinneseindrücke, sondern Erotisches. Das liegt daran, dass das Erotische bei uns in Europa seit Kirchenvater Augustinus (354-430) fast zwei Jahrtausende lang mit Skepsis betrachtet oder, noch schlimmer, verteufelt wurde.

Die Furcht vor dem Teufel
All diese Jahrhunderte hindurch bis weit ins 20. hinein befürchtete man in Europa, das Sinnliche könne nur die Einflugschneise zu allerlei Verirrungen sein, vor allem zum Erotischen hin, zum Reich des Teufels, des großen Verführers. Im frühen Mittelalter gab es Klöster, in denen es unter den Mönchen und Nonnen verpönt war sich zu waschen: Ein sauberer Körper hätte Lüste wecken können, und dann wäre man ruckzuck in den Armen des Herrn der Finsternis gelandet, der da erst noch als Hirtengott so reizvoll seine Flöte spielte, um dann aber den leichtsinnigen Sünder ins Fegefeuer oder gar in die Hölle ewiger Verdammnis zu führen.
Der Grund für die scharfe, kulturell-ideologisch vorgegebene Trennung des Sinnlichen vom Religiösen, zumal dem Mystischen, liegt wohl darin, das beides von Natur aus so nahe beieinander liegt. So nahe, dass diese Verbindung von denen unterbrochen werden musste, die über unsere Seelen herrschen wollten, um sich als Vermittler des Heiligen, des Gottesbezugs zu positionieren. Denn Menschen mit einer positiven Beziehung zur Sinnlichkeit – mehr noch: zum Sexuellen – sind viel schwerer zu beherrschen als verängstigte, sexuell verklemmte Menschen voller Schuldgefühle.

Zwei Bäume dort im Paradies
Nochmal zurück an den Anfang, zum ganz Einfachen: Wir hören, sehen, riechen, schmecken oder fühlen etwas mit unsere Haut. Das ist Sinnlichkeit. Wenn wir dabei nicht gleich interpretieren, was es bedeutet, sondern diese Eindrücke einfach erstmal erleben, spüren, erfahren, dann versinken wir darin, dann spüren wir dort das pralle Leben und gehen darin auf. Ohne Bedenken, ohne Ego, ohne Berechnung. Das ist ein Eintauchen in die Heilige Gegenwart, das ewige Jetzt, die direkte, unverstellte Erfahrung, für die wir als göttliche Menschentiere gemacht sind. Biblisch gesprochen: Nach den Jahrtausenden des Leides und der Mühsal, die uns das Naschen vom Baum der Erkenntnis gebracht hat, essen wir nun endlich vom Baum des Lebens! Sinnlichkeit ist das Essen der Früchte vom Baum des Lebens, die Rückkehr ins Paradies der Direktheit und Natürlichkeit – und damit die härteste Konfrontation mit all denen, die meinen, uns als Gelehrte, Priester oder Seelsorger den Weg zu Gott oder zur wahren Spiritualität weisen zu können – nach ihren Regeln und als Bedürftige ihrer Unterweisungen und Vermittlungsdienste. Es macht sie nämlich überflüssig.

Einsinken
Niemand fühlt sich gerne überflüssig, auch gutmeinende Pfarrer, Seelsorger und Psychologen nicht. Dabei ist es sehr einfach: Versenke dich in die sinnliche Erfahrung, tauche darin ein und verlösche darin als separates, verängstigtes Wesen. Trinke vom göttlichen Nektar der Lust, vergehe darin, werde darin zum Kind, zum Tier, zum Wurm oder zur Seeanemone, zur reinen, paradiesischen Natur … während du weißt, dass dir das geschieht. Während ein paar Funken deines Bewusstseins, eine Flamme der Erkenntnis, der Selbsterkenntnis darin weiter glimmt, flackert oder gar lodert. Dann brauchst du kein Gebet, keinen Ritus, keine priesterliche oder von sonst wem initiierte Einweihung, denn dann bist du mitten drin, mitten dort, wohin dich die tiefsten Mysterien und heiligen Riten überhaupt nur führen können. Sinnlichkeit macht Religion überflüssig. Anders gesagt: Sinnlichkeit ist Religion. Religion im Sinne von Rückbindung an das Göttliche, die Natur, das Paradies.

Sinnlicher Gestank
Trotzdem möchte ich nach diesem Jubel über die sinnliche Ekstase und der Huldigung des Göttlichen in der direkten, einfachen, sinnlichen Erfahrung auch eine Warnung aussprechen. Sinnlich sein, Tier sein, reines Spüren ist göttlich, das ist wahr. Es ist aber auch der Gestank sinnlich, nicht nur der Duft. Auch die hässlichen Anblicke sind sinnlich, nicht nur die schönen. Auch Lärm ist sinnlich, nicht nur Musik, und auch das Kratzen einer groben Wolle oder eines Polyesterhemdes auf der Haut, nicht nur das Streicheln von Seide ist sinnlich, mehr noch das von einer liebenden Hand und die warme Zunge, die in besonderen Momenten deine intimsten Stellen so himmlisch verwöhnt. Weil beides sinnlich ist, das Angenehme wie das Unangenehme, brauchen wir ein wertendes Unterscheidungsvermögen.

Göttliches Entzücken
Als sinnliche Wesen unterscheiden wir zwischen Lust und Schmerz, wir können gar nicht anders. Das eine suchen wir, das andere meiden wir, das heißt: Wir bewerten. Wir schmachtenden oder liebenden, sehnenden oder erfüllten sinnlichen Menschen brauchen eine Ethik. Wir unterscheiden – biblisch gesprochen – zwischen Gut und Böse. Wir können uns aus dem Menschsein nicht davonstehlen durch Regression in unsere tierische Natur, in der wir noch nicht werteten, nicht zwischen Gut und Böse unterschieden. Außerdem werten auch Tiere: Sie meiden das eine und bevorzugen das andere, schon bei der Nahrungsaufnahme, aber auch bei allem anderen.
Wenn wir auf dem Weg der Sinnlichkeit Gott treffen wollen, müssen wir sehr wohl werten, dürfen aber dort nicht hängen bleiben, sondern müssen die Ratio, das Denken und Bewerten, all diese Kreisläufe entnervender Wiederkehr transzendieren, die uns das Essen vom Baum der Erkenntnis beschert hat und uns (wieder) dem Baum des Lebens zuwenden. Erst dann sind wir ganz. Erst dann ist Sinnlichkeit vollkommenes, göttliches Entzücken.

Wolf Schneider, Jg. 1952, Studium der Naturwissenschaften und der Philosophie (1971-75). Hrsg. der Connection Tantra Specials seit 1988. Kontakt: schneider@connection.de, www.connection.de
 




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Wolf Schneider

Wolf Schneider, Jahrgang 1952, studierte Naturwissenschaften und Philosophie in München. Schon während seines Studiums begab er sich auf Reisen. Die nächsten Jahre verbrachte er in Europa und Südasien, wo er ab 1976 als buddhistischer Mönch in Thailand lebte und von 1977-1990 Schüler von Osho war. Zurück in München gründete er 1985 die Zeitschrift connection, die noch heute als connection Spirit mit der Sonderheftreihe connection Special erscheint. Seinen 2005 gegründeten Verlag mit integrierter "Schule der Kommunikation" wandelte er Anfang 2008 erfolgreich in eine AG um. Im Connectionhaus veranstaltet er Jahrestrainings unter dem Motto: "Kreativität, Kommunikation und Inszenierung". Mit seiner offenen, ehrlichen und humorvollen Art zu kommunizieren, schenkte er uns ein wunderbares Theaterstück (Zauberkraft der Sprache) und zahlreiche Bücher, die uns Leser in eine spannende Welt der Spiritualität entführen. Sein neuestes Buch: "Das kleine Lexikon esoterischer Irrtümer" erscheint im August 2008 im Gütersloher Verlagshaus.



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