Spirituelles-Portal Impressum, Kontakt AT D Image Map

Keine Daten gefunden

Notice: Undefined variable: widthGV in /var/www/web333/html/spirit/inhalt/grosseVeranstaltungen.php on line 29


Keine Daten gefunden
Kooperations-Partner
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Zitat des Tages
Denis Rodman


Lass das, was andere über dich denken, nicht darüber entscheiden, wer du bist.


Denis Rodman




»Zitate suchen / selber eingeben

Text

Lieder aus der Quelle des Seins
Interview mit Anne Tusche von Birgit Kratz
Seit 1996 entstehen durch Anne Tusche spirituelle Lieder und Mantrenvertonungen. Deren Worte umkreisen das Unbeschreibbare und führten sie in die stille Leere, machten das Wort, den Klang, den Ton hörbar, der unvergänglich und ewig ist und der die gesamte Schöpfung durchdringt.
            
Text verlinken
Mehr Texte
Texte zum Thema
Die Worte meiner Lieder, die Stimme, die sie singen, sind ein-Klang. Dies ist meine vollkommene Authentizität. Der Verstand kann das nicht hören, nur das Herz.

Anne Tusche







Birgit: Liebe Anne, als ich Deine Lieder bei Freunden das erste Mal hörte, war ich sofort sehr tief berührt. Ich konnte sehen, dass einige andere um mich herum haargenau so empfanden wie ich: Man hat das Gefühl, dass Gott selbst durch Deine Lieder zu einem spricht, und man erkennt sich selber wieder, alles stimmt irgendwie. Hier nun meine erste Frage an Dich: Woher kommen Deine Lieder?

Anne Tusche: Aus mir. Aus Ihm.

Birgit: Stöbert man in Deiner web-Seite, bekommt man Hinweise darauf, dass das Komponieren und Singen Deiner Lieder auch an Dir nicht spurlos vorbeigeht und Dein eigenes Leben tiefgreifend verändert hat. Magst Du uns verraten, was mit Dir passiert ist und was die Musik aktuell mit Dir macht?

Anne Tusche: Hoffentlich wird das kein Buch... ich versuchs mal so kurz, wie mir möglich ist.

Ich geriet mit 11 auf die Suche. Das "Ziel" hieß für mich erst viel später Erleuchtung. Vielmehr suchte ich eine Lösung auf meine mich quälendste Frage: der Verlust durch Tod der einmaligen Individualität des Menschen. Ein geliebter Mensch, unwiderbringlich verschwunden. Es gab zwar keinen Anlass für diese Frage, niemand in meinem Umkreis war gestorben, aber man muss ja nicht jede Erfahrung selbst machen, um die entsprechenden Fragen zu stellen :-) Jedenfalls musste für diese Frage eine Lösung gefunden werden.

Die Suche wurde begünstigt durch starke Gefühle von Unsicherheit und allen möglichen Ängsten, die sich durch nichts beseitigen ließen und verlässliche Begleiter überallhin waren. Und ich hatte ziemlich regelmäßig Erlebnisse, in denen ich mich ins Universum ausdehnte und gleichzeitig so dicht konzentriert und winzigklein war wie ein schwarzes Loch im Weltraum. Und dieses alles suchte nach Antworten.

Ich lernte Sathya Sai Baba mit 16 kennen, las vieles seiner Schriften - am meisten interessierte mich das, was andere über ihn schrieben - kam auf die Idee der Erleuchtung, befand allerdings, dass sie mir dieses Leben wohl nicht zuteil werden würde, weil ich ja keinerlei spirituelle Disziplin besaß und auch nicht vorhatte, welche zu erlangen. Regelmäßig meditieren war mir ein Greuel. Dass ich regelmäßig zum Bhajanabend in die Baba-Gruppe ging, schien mir keine ausreichende spirituelle Disziplin zu sein, vor allem, weil das ja Spaß machte und das Wort Disziplin hörte sich für mich so gar nicht nach Spaß an.

Eines Tages im Jahr 1995 kam bei Freunden die Idee auf, mal wieder zu Baba zu fahren. Und sie fragten, ob wir (mein Mann und ich) mitfahren wollten. Ich fühlte, dass irgendetwas Besonderes geschehen müsste. Weil dieses Besondere aber nicht einfach geschehen würde, nur weil ich zu Baba fuhr, das fühlte ich so, glaubte ich, mir das Besondere erschaffen zu müssen, indem ich einen Zwischenstopp in Bangalore einlegen wollte, um dort shoppen zu gehen. Ja, wirklich shoppen. Das ließ sich aber nicht realisieren, denn die Mitfahrer wollten direkt zu Baba fliegen.

In der Zwischenzeit waren einige aus der Babagruppe zu einem anderen Guru gefahren und kamen mit aktivierter Kundalini und merkwürdigen Körperdrehbewegungen zurück. Ich war in meinem Leben immer Skeptiker, niemand, der leicht zu überzeugen war von irgendeinem esoterischen oder spirituellen neuen Highlight. Insofern betrachtete ich auch diese Kundalinigeschichte mit Skepsis.

Dieses intensives Gefühl, es müsste auf dieser Indienreise etwas Besonderes geschehen.... die Reise mit Freunden dorthin ließ sich irgendwie nicht unter einen Hut bringen, komisch, dass das so eine Spannung erzeugte. Aber plötzlich entschied es in mir, dass ich unbedingt zu dem Kundalini-Guru (Guruji, ein Devotee von Baba) fahren sollte.

Mit dieser Entscheidung hat die Kundalini zu rotieren begonnen, mein Körper begann sanft zu schaukeln und ich wurde überströmt mit Melodien, die so lange in mir herumsangen und sich auch nach Monaten noch immer wieder in Erinnerung riefen, bis ich sie aufgeschrieben hatte. Eine Melodie besetzte mich dann so lange, bis ich hörte, was der Inhalt dieser Melodie ist. Ich sang die Melodie in dieser ausgedachten Sprache. Wie, weiß ich nicht, aber in dieser ausgedachten Sprache, manche nennen sie ja Seelensprache, das klingt so schön, höre ich dann das Thema der Melodie. Daraus werden dann die Worte, die die Allgemeinheit versteht.
Ich wurde von diesen Liedern in gewisserweise vereinnahmt und sie wurden meine spirituelle Disziplin, meine eigene Meditationsmethode.

Drückten die Lieder anfangs oft auch noch Vorstellungen aus über Gott, so wurden sie mehr und mehr Ausdruck meiner Erfahrungen und Erlebnisse. Das hab ich aber erst alles später sehen können. Der Prozess der Liederentstehung ist ein tiefes Eintauchen in sich selbst mit hoher Konzentration, sozusagen ein Rotieren nach innen. Es ist ein Nach-innen-gezogen-werden, es gab da kein Motiv, diese Lieder zu machen, um die Erleuchtung anzustreben. Es war keine Methode, es war ein Ausdruck. Es war wie ein Zwang, dies zu tun.

Die Kundalini brachte zahlreiche körperliche und neue Bewusstseinserfahrungen mit sich, daraus wurden neue Lieder. Als ich mit meiner Tochter schwanger war, war der Liederfluss in diesen Monaten unterbrochen, und die kreative Energie war anscheinend mit der Schöpfung eines Lebewesens beschäftigt. Sofort nach der Geburt ging es wieder weiter mit dem Liederstrom. Es ging immer weiter, obwohl ich oft glaubte, das war jetzt das letzte Lied.

Aus der Sehnsucht nach Gott entstand durch das Lesen der Biographie (am liebsten habe ich Biographien von Erwachten gelesen) von Amrita (auch ein Devotee von Sathya Sai Baba) 2003 eine unstillbare Sehnsucht. Vorher war die ja mal gekommen, mal gegangen, mal interessiert man sich für Gott, mal wieder für die Welt. Also, danach jedenfalls ging die Sehnsucht überhaupt nicht mehr weg. Ich war ganz dankbar, arbeitslos zu sein, zog mich, wann immer es ging, zurück mit meiner Gitarre und sang das Mantra OM purnam über vier Monate in jeder freien Minute. Das Wort Disziplin bekommt hier eine ganz neue Wendung :-)

Zu dieser Zeit hatte ich immense Ängste und Depressionen, wachte ständig nachts auf und dort rotierte das Dilemma dann stundenlang. Nach 2 monatigem om-purnam-singen wachte ich zwar immer noch nachts auf, aber da rotierte dann nur noch das Mantra. Und das war ein sehr angenehmes Rotieren und eine wirklich schöne Besetzung. Und noch 2 Monate später hatte ich wahrgenommen, dass mich dieses Mantra veränderte. Alles, was ich unter meinem "ich" definierte, war besetzt von diesem Mantra, die Gedanken, die Gefühle, meine Sicht auf die Welt, mein Verhalten, meine Reaktionen, meine Persönlichkeit, all diese Vorgänge des ichs schienen durch die Brille des Mantra zu gucken. Am Ende der 4 Monate war es mir, als würde ich das Mantra werden. Diese Beobachtung machte mich bewusst für den Vorgang der Identifikation.

Ich hatte nichts über Mantren gewusst. Jetzt begann ich, ihre Wirkungsweise zu erforschen und mit dieser Erforschung entstand so eine Art Schlussakt. Mein ganzes Wesen, alles Denken, alle Logik, alle Gefühle wurden ausgerichtet, DAS zu erkennen.

Meine Mutter und ich (wir machten stets gemeinsam Musik) gründeten 2004 eine Mantrengruppe, und ich hielt über das jeweilige Mantra einen Vortrag. Das war so mit das Schlimmste für mich, was ich mir je vorstellen konnte: vor einer Gruppe zu sprechen. Alle 2 Wochen bekam ich es also mit der Angst zu tun. Schließlich gab mir meine Mutter (sie ist Nada-Brahma-Sonologin) eine Raga für mehr Selbstbewusstsein. Nach 4 Wochen Ragasingen in der angewiesenen Art war mein "ich" verschwunden. Völlig unspektakulär tat sich eine völlige Abwesenheit von Identifikation auf, das Selbst wurde bewusst, Selbst-Bewusstsein, es ist leer.

Ich verstand völlig neu. Überhaupt verstand ich neu. Meine eigenen Lieder verstand ich teilweise neu. Babas Worte verstand ich wohl zum ersten Mal, auch die Bibel. Und ich verstand auch, warum man bis zu diesem Punkt eben nicht verstehen kann und wie die Worte so viele Missverständnisse machen aufgrund der vielen Vorstellungen, die der Geist ständig produziert und es aber eben keine anderen Worte gibt.

In den nächsten 2 Jahren wurde es ein Hin- und Hergehen von Identifikation und Entidentifikation. 2006 verschwand diese Art Hin- und Hergehens, dazu hatte maßgeblich die Ishavasya-Upanishad und die Mandukya-Upanishad beigetragen. Auch diese beiden Upanishads, ich wurde zu ihnen, ihre Worte wurden zu meinen Worten. Es war wie das Schauen hinter das Geheimnis von Worten. Es schloss sich ein Kreis.
Ich habe oft Worte gesehen, wie sie ähnlich dick und groß werden wie mein Bewusstsein. Sie haben eine Hülle und wabern durch den Raum. Die Essenz jedes Wortes ist reines Bewusstsein. Es sind die Worte, die uns zurückbringen, die Identifikation auflösen, die uns an eine Schwelle tragen, wo man schließlich ins Wortlose springt. Oder Worte tun das Gegenteil, binden an die Welt.

Meine Lieder heute... diese kreative Schöpfungsenergie begrenzt sich inzwischen nicht mehr auf Lieder, sondern wirkt in den Prozessen mit anderen Menschen. Kann man vielleicht schwer verstehen, aber die Menschen, die ich begleite, sie fühlen sich an wie meine Lieder. Dahinter ist dieselbe Energie. Sie taucht in sie ein, rührt in ihnen herum, bis sie "fertig werden".

Meine Lieder heute... die Sprache wird zum Teil direkter, habe ich das Gefühl, nicht mehr so blumig-mystisch. Ich mach mir da keine Gedanken drüber. Was entstehen will, entsteht. Manchmal werden mir diese Liederentstehungen auch anstrengend, sie sind immer wie eine Besetzung. So schön diese Art Besetzung auch ist, man will sie immer schnell wieder loswerden. Man wird sie los, indem sich die passenden Worte finden. So bin ich neulich dann mal auf die englische Sprache ausgewichen, weil sich auf englisch eigentlich alles gut anhört und das Lied dann schneller fertig war. Nach einigen englischen Liedern hab ich dann aber die deutsche Sprache vermisst und schaue nun doch wieder, das vermeintlich nicht Ausdrückbare auch in deutscher Sprache singbar zu machen. Außerdem nützt das auch gar nichts, schneller fertig zu sein mit einem Lied, weil dann um so schneller ein neues auftaucht.

Birgit: In dem was Du schreibst, ist so viel, was wert ist, sich darin zu versenken. Besonders interessant erscheint für mich z.B. Deine Ausführungen über die Wirkung von Worten und Texten.

Ich erzähl' Dir kurz, wie es mir damit geht. Vor einiger Zeit habe ich mal ernsthaft untersucht, was ICH eigentlich singen möchte. Ich habe zu diesem Zweck stapelweise Liederbücher gewälzt - und es ist nicht viel übrig geblieben. Die meisten Texte von Liedern weigere ich mich stur, zu singen (ohne wirklich zu wissen, warum – sie fühlen sich für mich nicht richtig an); von spirituellen Liedern streiche ich viele Strophen raus, weil sie für mich nicht stimmen.

Deshalb mag ich Deine Lieder: Da brauche ich nicht so viel raus zu kürzen :-). Und dann sind sie oft auch noch mit deutschem Text und klingen wahr und gut für mich.


Anne Tusche: Kann ich gut nachvollziehen, dass man bestimmte Lieder, bestimmte Texte nicht singen mag und nach wiederum bestimmten Ausschau hält. Wenn der Prozess im Gang ist, weiß er am besten, was er braucht, um seine Erfüllung zu erlangen.

Im Sommer 2003 kam in mir der Impuls, keine Lieder mehr zu texten, die die dualistische Sicht aufrecht erhalten, also dort Gott, hier ich. Bis auf das Lied "Befiehl dem Herrn deine Wege", ein Bibelvers, den ich wegen der Wortwahl sehr liebe, kam das dann so. Ich fühlte, dass das Mich-ausdrücken in dualistischen Denkweisen immer die Idee nährte, dass irgendwo außerhalb von mir ein Gott wäre.

Das hört sich immer so einfach an. Denken wir doch einfach nicht mehr, wir seien getrennt und schon sind wir erleuchtet! Das klappt ja so leider nicht. Das funktioniert nicht, wenn dieses Denken nicht Fuß gefasst hat in den Emotionen, im Wahrnehmen, in allem persönlichen praktischen Leben. Das Motiv, so zu denken, muss wachsen, es wächst aus Erfahrungen, aus Beobachten, aus dem Prozess. Dieses Begreifen, dieses Impulswahrnehmen, das ist so eine ganz sanfte, leise Stimme. Wenn man einfach nur liest, man solle nur noch Advaita-Gedanken denken und versucht, das so anzuwenden, dann ist dieser Gedanke im Verhältnis zu dieser innersten Stimme ziemlich laut und führt zu gar nichts. Das Motiv ist entscheidend. Denke ich so aus innerem Bedürfnis oder denke ich so aus Konzept.

Heute ist mir wieder beides möglich, dualistische Lieder oder Advaitainhalte. Es bleibt für mich immer das Eine, ob ich nun "ich" oder "du" sage. Das "du", die Gottvorstellung außerhalb ist sozusagen nach innen erfasst worden. Das "du" ist eben auch nur ein Ausdruck des einen Bewusstseins. Das eine Bewusstsein ist das Gefühl, sich getrennt zu fühlen genauso wie die Erkenntnis, nicht getrennt zu sein. Kein Unterschied.

Birgit: Es war eine enorme Erleichterung für mich, Deine Interpretation von dem Upanishaden-Text "Sarvam hi etad brahma" zu hören: Erst geht's ganz heilig los mit dem Om und ehrfurchtgebietend werden die Worte rezitiert. Das kommt mir bekannt vor. (Ich habe mal im Maharishi-TM-Movement gelernt, wie man ausgesuchte Stellen der heiligen Texte "richtig" rezitiert - aber Frauen dürfen das der Tradition entsprechend angeblich streng genommen eigentlich überhaupt nicht, sondern nur Brahmanen-Söhne, die von ihren Vätern der Tradition gemäß eingeweiht wurden. Diese Herangehensweise hat mich schon beeindruckt. Andererseits ist sie aber auch niederschmetternd, denn dann ist das Rezitieren ja nicht für mich bestimmt, auch wenn es mich eigentlich anzieht).

Und was finde ich bei Dir? Aus dieser heiligen Rezitation entwickelt sich eine Melodie - und dann wird das ganze zu einem fröhlichen Gesang! Als würde Gott sagen: „Guck doch mal, ich bin so ein zartes Mädchen. Das hier ist alles überhaupt gar nicht ernst. Tanz' Du doch auch mit! So macht das doch viel mehr Spaß.“ DAS ist für mich eine Erleichterung: Ich kann die strengen Regeln von Rezitation vergessen und einen Walzer aus den heiligen Texten machen und dazu auf meine Weise tanzen.


Anne Tusche: Ja, das habe ich natürlich auch gehört, wie wichtig die richtige Aussprache sei und das richtige Hoch und Runter der Melodie beim Rezitieren. Da gibt's ja richtige Warnungen, die einem Angst und Bange machen können. Sicherlich spreche ich Sanskrit nicht immer richtig aus. Meiner Erfahrung nach macht das alles nichts. Das ist alles äußerliche Anwendung. Eine Hülse. Nur diesem Richtigmachen zu folgen, ist ziemlich sinnlos. Natürlich möchte man's so richtig wie möglich machen, das hat so eine Wiedererkennungsfreude. Aber das Entscheidende ist das, was die Mantren innen mit einem machen, und das machen sie nicht, nur weil man sie richtig ausspricht oder sie im richtigen Hoch-Runter rezitiert.

Als ich 4 Monate das OM purnam sang, habe ich ja nicht die Rezitationsmelodie gesungen, sondern eine vertonte Version. Und diese vertonte Version hat zu diesem Entidentifikationsprozess geführt. Also hat das Mantra genau das getan, was Mantras zu tun pflegen, sie führen den Menschen zu der Essenz, aus der sie selbst entstanden sind. Folgt man den Anweisungen der Traditionen, hätte ja eigentlich gar nichts passieren dürfen bzw. den Warnungen zufolge hätte wohl eher das Gegenteil eintreten müssen.

Der "Mantra-Prozess" findet also auch statt, spricht man sie etwas verkehrt aus, wenn das innerste Motiv stimmt - die Suche. Das Mantra-Singen muss aus Bedürfnis, aus Sehnsucht entstehen, dann entsteht auch ein Prozess, sonst entsteht auch wieder nix. Viele Menschen finden Rezitieren einfach schrecklich langweilig.

Als ich mich dann mit den Mantren und ihrer Wirkungsweise beschäftigte, fand die Ishavasya-Upanishad zu mir. Hab ich mich gefreut, als ich da mein geliebtes OM purnam als Anrufungsmantra wiederfand! Eine gnadenvolle Fügung.

Ich lernte diese Isha-Rezitation mit großer Begeisterung und bin erfüllt sowohl von den Vertonungen als auch von der Rezitation. Sie machte mit mir dasselbe wie die Mantren, die ganze Upanishad reduzierte sich auf die eine Essenz, ich wurde zu ihr, ihre Worte wurden meine Worte, sie räumte weitere Identifikationen weg und hat mir den Weg gewiesen, die Stille auch mit offenen Augen mitten in der Welt zu erkennen.

Wo ich sonst immer überflutet wurde von Melodien, zu denen ich dann Worte fand, war es bei den Mantren andersherum, die Worte waren ja schon da. Es bildeten sich spontan Melodien. Wir Westler lieben Melodien mit Akkorden, darin können wir uns fallenlassen und eintauchen in ein Mantra. Und so gelangen diese Worte doch an den Menschen, auch wenn er Rezitieren - noch - nicht mag.

Birgit: Lange Zeit war übrigens auch für mich ein Problem, dass, wenn ich gesungen oder gar rezitiert hatte, ich nachts nicht schlafen konnte, weil die Worte weiter kreisten. Zu irgendeinem Moment war ich es total leid, und ich habe mit der Musik ganz aufgehört, und das war gut so für einige Jahre.

Nun singe ich wieder, aber ich merke, dass ich sanfter mit mir umgehe: Wenn ich fertig mit dem Singen bin, weigere ich mich strikt, den Texten und Melodien noch Aufmerksamkeit zu geben (aus der alten Erfahrung heraus) Ich setze mich echt hin und schaue nach innen für eine ziemliche Weile, bis sich alles beruhigt hat. Anders geht das für mich nicht. Manchmal dauert das Sitzen Stunden, manchmal sogar Tage. Es passiert so viel beim Singen. Es ist manchmal sehr anstrengend, weil starke Gefühle - oft auch aus der Kindheit -hochkommen, die ich nicht mochte oder nicht einordnen kann, sie sind plötzlich da.

Offenbar muss ich sehr geduldig und behutsam mit mir selber sein und mir alles in Ruhe anschauen muss. Ich habe das Gefühl, dass das Singen bei mir was gerade rückt, aber erstmal muss scheinbar der Müll raus, und das tut oft ziemlich weh.

Kannst Du da was aus Deiner eigenen Erfahrung dazu sagen, gibt's da einen guten Tipp?


Anne Tusche: Der "Mantraprozess" spült alles hoch. Er ist wie ein Kreisel. Oben verjüngt sich das Ganze. Der Strudel kann schneller und schneller werden, so schnell, dass man keine Chance mehr hat, dem noch zu folgen. Das fühlt sich an wie eine komplette Verwirrung des Geistes. Wenn man dann aufgibt, ist Stille.
Im Prozess hatte ich so viele Ängste, so viel Unsicherheit, so viel Verwirrung oft. Alles unangenehm. Es wird um so unangenehmer, je mehr man unangenehme Gefühle weg haben will. Also ist es besser, sie zu genießen.

Wenn man z.B. in irgendeinem Laden steht, plötzlich unsicher wird und sich beobachtet fühlt, wodurch die Unsicherheit ja noch größer wir,. versucht man entsprechend, sich ladenkompatibel zu verhalten. Weil das alles nur in Verkrampfung endet, gibt man am besten auf, indem man das Gefühl von Unsicherheit genießt. Man bringt das Wort Genießen normalerweise nicht mit Gefühlen in Verbindung, die man gar nicht haben will. Versucht man das mal bewusst, kann man erfahren, dass dieses Genießen bereits die Auflösung von diesem Gefühl beinhaltet, und es tritt wieder Frieden ein.

Mit Verwirrung im Prozess genauso. Wenn man versucht, die Gedanken zu sortieren - also zum Beispiel der Versuch, den Tagesablauf zu planen, an alles zu denken - und dann feststellt, das geht gar nicht, alles saust nur im Kopf - einfach aufs Sofa setzen und Verwirrung genießen, akzeptieren, dass diesem schnellen Geistesstrom nicht mehr zu folgen ist. Wenn's gut läuft, wird der Geist dadurch auf einen Punkt reduziert, und dann ist wieder Stille.

Naja, ob das einen Tipp beinhaltet? Es ist ein Unterschied, ob man von einem Gefühl überfallen wird oder ob man aktiv wird. Wird man aktiv unter dem Gesichtspunkt, alles, alles erkennen zu wollen, unnachgiebig und konsequent, wo das "ich" noch angehaftet ist, ist das Ganze angenehmer und geht auch schneller vonstatten. Es ist eine Einstellungssache, alles, was so kommt vom "ich" als neuerliche Möglichkeit zu benutzen zu sterben. So stirbt man viele hundert Male am Tag. Die Abstände werden immer kürzer. So kurz, dass irgendwann nur noch das Jetzt bleibt.

Birgit: Ja, danke Anne, das hilft mir wirklich weiter. Danke für den Satsang mitten im Interview ;-).

Ich möchte nochmal zum Thema Worte und Sprache zurückkehren. Hier nun meine nächste Frage an Dich:
Wie kommt es, dass die Sprache der Upanishaden und der Mantren den, der sie gebraucht, näher zur Wahrheit, zur Stille und zum Frieden führt? Ist das die Sprache Gottes? Wie siehst Du das?


Anne Tusche: Ja, das hatte ich mich ja auch gefragt. Ich konnte nie meditieren, das Lieder-machen war eine Meditation, aber immer zwischen zwei Polen: eine spirituelle Erfahrung in der Welt ausdrücken. Die Mantren, und gerade die Sanskrit-Mantren dann zogen mich ohne Zutun, ganz von selbst und ohne jede Anstrengung ins Meditieren und schließlich in diese Stille, die alle Pole auflöst.

Ich hab dann Bücher gelesen über Sanskrit und Mantren und das bestätigt bekommen, was ich fühlte. Dort las ich, dass Sanskrit keine Sprache sei, die sich aus anderen entwickelt hat, sondern direkter Ausdruck von Bewusstsein.

Bewusstsein drückt sich ja aus in allen Möglichkeiten der Schöpfung. Die sprachliche Möglichkeit von Bewusstsein ist Sanskrit. Die Menschen, die diese Sprache sozusagen empfangen haben, haben sie durch genaue Beobachtung an sich selbst abgelesen. Sanskrit entspricht direkt dem Körper und seinen Funktionen, entspricht den Naturgesetzen.

Ein Beispiel ist der Wortklang OM aus AUM. Kann jeder mal versuchen. Den Mund aufmachen und locker einen Ton mit dem Ausatmen entstehen lassen. Dieser Ton ist A. Jetzt den Mund langsam schließen und den Laut A durch die Mundhöhle ganz langsam "rollen" lassen. Mund ist zu. Stille. Wenn man es richtig macht, entsteht dabei OM. In diesem Ablauf, Mund auf, Atem raus strömen lassen mit einem Ton, Mund wieder schließen, Ton mündet in M, befindet sich der ganze Transformationsprozess. Gott öffnet seinen Mund und die Schöpfung beginnt. Die Schöpfung wird transformiert, löst sich wieder auf. Stille. Der Mund mit Rachen in seiner Form wiederum ist oval-förmig wie das Universum. Der Menschenmund sozusagen Pendant zum Mund Gottes.

OM ist Wort und Klang zugleich. Als Wort gehört es zum zeitlichen Ablauf der Schöpfung. Ein Wort hat Anfang und Ende. Das Ende ist immer der Tod, ist die Erkenntnis. Alle Erkenntnis, jedes Ende mündet in die ewige Stille. So ist nach jedem Wort eine Pause. Stille. Als Klang ist OM ewig, kein Anfang, kein Ende. So befindet sich alles in OM, alles kann mit diesem einen Wort ausgedrückt werden, alles ist OM. So kommt alles aus OM und alles kommt in OM zurück.

Auf diese Weise ist die Essenz jeden Mantras OM, die Erkenntnis, die Erleuchtung, die Stille, die Ewigkeit, die unsterbliche Natur jedes Lebewesens. Dieses Wort ist unsere eigene Natur. Wenn man Mantren singt, entstehen durch das Singen Schwingungen. Diese Schwingungen treffen auf das System Mensch. Man hört die Worte innen, man singt sie außen, wir nehmen die Schwingungen durch die Ohren auf. Diese Schwingungen sind Muster, die den Inhalt von Leere, von Stille, von Frieden manifestieren.

Wir haben unser Leben lang Denkmuster, Gefühlsmuster, Verhaltens- und Reaktionsmuster, Lebensmuster etc. entwickelt und diese Muster bilden sich ab, manifestieren sich in uns und in unserem Leben. Diese ganzen Muster wirken sozusagen als hausgemachte eigene Mantren. Wenn wir jetzt aus der Sehnsucht nach Gott heraus beginnen, lange ein Mantra zu singen, treffen die Schwingungsmusters des Mantras auf unsere hausgemachten inneren Muster.

Die hausgemachten Mantren haben weit weniger Bestand als die Mantren mit dem Inhalt von Stille, ich nehme an, weil die Ego-Systeme des Menschen von vornherein eben nur zeitlich sind, alles Zeitliche also immer im Ewigen enden muss. Die Mantra-Muster lösen diese inneren Muster auf, indem sie sie neu strukturieren, sie werden angepasst an die Mantra-Muster. Es ist ein Anpassungsprozess oder auch ein Identifikationsprozess, der da stattfindet. Das, was sich identifiziert, identifiziert sich nicht mehr mit dem vergänglichen Mindsystem, sondern die Energie des Identifizierens stoppt, richtet sich auf sich selbst und ist ewige Leere, die Essenz der Mantren.

Am Ende von einem "Mantraprozess" kann die Erfahrung stehen, das "Wort" zu sein. Kein Unterschied zwischen dem Gesagten und dem, der es sagt.... das ist wunderschön, endlos, weit!

Naja, und dieser Auflösungsprozess, der ist eben manchmal heftig. Praktisch umgesetzt heißt das, alle Muster in einem muss man sich anschauen, alle Abläufe müssen erkannt werden, sie werden hochgespült, sonst können sie ja nicht aufgelöst werden.

Aus Advaita heraus müsste das Quatsch sein mit dem Sanskrit, jede Sprache ist Ausdruck des Bewusstseins und natürlich fähig, einen Menschen zurückzuführen. Und trotzdem empfinde ich etwas ganz Besonderes an Sanskrit, etwas ganz Direktes und Unmittelbares. Vielleicht ist das ein bisschen vergleichbar mit Medikamenten. Die Homöopathie wirkt im Prinzip auch durch die Direktheit von Schwingungen, und ein Mittel heilt, wenn seine Schwingung auf das Muster der Krankheit trifft. Pflanzliche und chemische Medikamente können natürlich auch heilen, aber diese feine Direktheit der homöopathischen Medikamente haben sie nicht.

Birgit: Meinst Du, dass es notwendig ist, die Kundalini zu aktivieren und sich mit Mantren zu beschäftigen, um erleuchtet werden zu können?

Anne Tusche: So wie ich es meine, ist jeder Erleuchtungsprozess ein Kundaliniprozess. Kundalini bedeutet für mich, dass das göttliche Bewusstsein beschließt, in einem Menschen zu erwachen. Das göttliche Bewusstsein, das die gesamte Schöpfung gebiert, was wir Shakti nennen, wird persönlich als Kundalini im individuellen Menschen. Ohne diese Energie in einem Menschen kann er nicht erwachen, diese Energie steuert den Prozess, übernimmt die Regie. Diese Energie hat als Shakti den Menschen mit all seinen Merkmalen, Eigenheiten usw. geschaffen und sie weiß als Kundalini genau, wie und wo der Weg zu seiner Erfüllung findet. So ist der Funke, die Möglichkeit zu erwachen, natürlich in jedem Menschen vorhanden und wartet auf seine Aktivierung. Die Aktivierung sollte durch Gnade geschehen, nicht durch "machen", so wie man Sehnsucht nicht machen kann, sondern Sehnsucht bereits Gnade ist.

Ich halte überhaupt nichts davon, die Kundalini mit Absicht zu aktivieren. Das muss sie schon von selbst tun. Ich habe inzwischen von einigen Beispielen gehört, wo Menschen entsprechende Übungen gemacht haben z.B. Kundalini-Yoga, um die Kundalini zu aktivieren. Wenn sie nicht von sich aus aus Gnade kommt, kann das ziemlich in die Hose gehen und sich auf die körperlichen Systeme wirklich physisch sehr zerstörerisch auswirken. Das ist so ähnlich, wie ohne Führerschein Auto zu fahren.

Es scheint also möglich zu sein, durch bestimmte Körperübungen diese Energie zu sich zu zwingen, und dann trifft man keinen gutgelaunten Gott an. Das hat ja seinen Grund, dass diese Energie im Menschen noch nicht erwacht. Z. B. muss das Nervensystem eine bestimmte Stabilität haben für diese Energie. Sie ist sehr stark, sie räumt alles weg, was sich ihr in den Weg stellt, sie ist physisch wahrnehmbar, rumpelt durch die Wirbelsäule oder schießt im Körper hoch, sie bewirkt Bewusstseinsphänomene, sie lässt einen fühlen, dass man nicht mehr die Kontrolle hat, das kann sehr beängstigend sein. Also braucht es bestimmte Voraussetzungen und bestimmte Einstellungen des Mind-Systems.

Nö, mit Mantren muss man sich nicht beschäftigen, um erleuchtet zu werden, sondern Mantren können Ausdruck sein von dem Weg der Erleuchtung. Sie müssen Bedürfnis sein. Ist ja nicht jedermann's Sache zu singen. Sie sind kein Rezept und sollten keine Methode sein.

Birgit: Wie ist denn Deiner erste CD "Erwachen" entstanden?

Anne Tusche: Oh, das war eine wunderbare Fügung! Ich fühlte 2003, dass diese Lieder nach draußen müssten. Ich machte einen Anlauf, verteilte Lern-CDs an Interessierte und Texte für eine erste CD. Zum Aufnahmetermin kamen lauter ungeübte Sänger. Die Aufnahme war nicht zu gebrauchen.

Dann kam der Gedanke, einen Liederabend zu machen. Es war unvorstellbar für mich, da alleine auf einer Bühne zu singen. Per Inserat suchte ich Frühjahr 2004 Musiker, hinter denen ich mich verstecken konnte :-) Es kam einer, dem sang ich was vor. Er sagte, diese Lieder seien ganz besonders, es genüge völlig, wenn ich die alleine singe. Ich begab mich in den Prozess, alle Vorstellungen von so einem Liederabend loszulassen. Übrig blieb, mich dem also alleine auszusetzen und das Gefühl, es aber doch schön zu finden, wenn mich jemand begleiten würde.

Mir fiel der Vater meines Patenkindes ein, der war Musiker, ich hatte Danilo 6 Jahre zuvor kurz kennen gelernt, seitdem aber keinen Kontakt mehr gehabt. Ich rief ihn an, er war sofort bereit und sagte, dass er gerade eine Ausbildung zum Tontechniker abschließe.

Wir begannen, uns im September 2004 zu treffen, um für so einen Liederabend zu üben. Weil wir Arrangements einstudierten, schien es sinnvoll, das gleich zu einer CD zu verarbeiten. Ich war sein erstes Projekt nach seiner Ausbildung, und wir stürzten uns mit Feuer und Flamme in die Arbeit. Wir hatten kein Geld für eine CD, aber wir arbeiteten einfach los.

Im Dezember 2004 wurde ich von einem Sathya-Sai-Baba-Devotee zum Essengehen eingeladen. Er war zufällig in Berlin und wollte mich mal kennen lernen, weil er von meinen Liedern so begeistert war. Ich erzählte absichtslos auch von der entstehenden CD und spontan sagte er, dass er dieses Projekt gerne unterstützen würde. Ohne jeden Vertrag lieh er uns das Geld für die CD Erwachen. Und so war die Finanzierung gesichert. Er ist sehr entgegenkommend auch mit der Rückzahlung, daher war es möglich, aus den Erlösen der ersten CD Erwachen und der Übungs-CD Satsongs die CD Isha zu finanzieren. Dieser Ablauf war ein absoluter gnadenvoller Glücksfall!




Wird fortgesetzt als Interview mit dem Titel "Anne Tusche über spirituelle Disziplin"

www.annesongs.de
Text verlinken
            
Impressum | Kontakt (Email) | Mediadaten | Suchmaschinenoptimierung | Datenschutz | Spirituelle-Anbieter