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TextWie Gesang unsere Herzen öffnen kann... Über Singen, Heilung und Spiritualität - Teil 2
Wolfgang Bossinger
Wie bereits im Teil 1 dieses Artikels erwähnt, kann Singen sowohl in Räume meditativer Versunkenheit, wie auch in Erlebnisse lebenssprühender Ekstase führen. Solche Erfahrungen erfordern keine besonderen gesanglichen Fähigkeiten oder Vorkenntnisse. Sie sind für alle Menschen zugänglich, die sich öffnen, für das Wagnis, der eigenen Stimme Ausdruck zu verleihen. Besonders das gemeinsame Singen von „Kraftliedern“, „Chants oder Mantras aus verschiedenen Weltkulturen und spirituellen Traditionen ermöglicht einen einfachen und wirksamen Zugang zu heilsamen und bewusstseinserweiternden Wirkungen des Singens. Neben der sakralen Bedeutung solcher Gesänge liegt ein Teil ihrer starken Wirkung darin, dass sie in der Regel einfache Melodieverläufe und kurze Texte verwenden und repetitiv gesungen werden.
„Die unterschiedlichen Lieder haben verschiedene Erfahrungen ausgelöst. Bei manchen Liedern war eher Begeisterung und Ekstase spürbar, bei manchen Liedern war eher ein zartes Berührt-Sein und Weichheit und Öffnung im Herzbereich – verbunden damit, mit einer allumfassenden, transpersonalen Liebe in Kontakt zu sein und sich ihr immer wieder für kurze Momente zu öffnen. Zeitweise hatte ich das Gefühl, Kanal zu sein. Nicht ich singe, sondern es tönt aus mir und ich weiß gar nicht, wo der Ton herkommt...“ Solche intensiven Sing-Erfahrungen treten auf, wenn in einer gemeinsamen Singgruppe das „absichtslose Singen“ (und Tanzen) meditativer oder spiritueller Lieder in den Mittelpunkt gestellt wird - ganz ohne Leistungsdruck und Perfektion. Es geht hierbei um Singen als „Seins-Erfahrung“, ein „Aufeinander-Einschwingen“ durch Stimme, Atem, Klang und Bewegung. Durch diese Art des Singens wird es möglich in „Flow-Zustände“ einzutreten – also in Zustände in denen alles ins „Fließen“ kommt, in denen wir „Eins-werden“ mit der Erfahrung und dem Singen. Transzendente Erfahrungen wirken besonders heilsam Der große Wegbereiter der transpersonale Psychologie Abraham Maslow entdeckte als einer der ersten Wissenschaftler die große Bedeutung spiritueller Erlebnisse für Heilungsprozesse. Er bezeichnete solche Momente ´höchsten Glücks oder gar der Verzückung, Ekstase oder Seligkeit` als „Gipfel-Erlebnisse“ (Peak-Experiences). Maslow fand in seinen Untersuchungen heraus, dass besonders Musik einen wirkungsvollen Zugang zu Gipfel-Erlebnissen ermöglicht. Der schwedische Musikwissenschaftler Prof. Alf Gabrielson untersuchte in Fortsetzung der Forschungen von Maslow weiter solche Gipfel-Erfahrungen, die durch Musik ausgelöst wurden. Er bezeichnete sie als „Starke Musik Erfahrungen“ (Strong Experiences with Music) und entdeckte, dass sie eine Vielzahl heilsamer Wirkungen auf Körper und Seele hatten. Diese Wirkungen können von der Linderung von Schmerzen und Trauer bis zum Überwinden von Depressionen reichen und stärken das Selbstwertgefühl. In meinen eigenen Forschungen führte ich mehr als 80 Interviews mit Teilnehmer meiner Singgruppen zu ihren Erfahrungen beim Singen durch. Dabei zeigten sich ebenfalls viele beeindruckende „starke Musik Erfahrungen“ durch Gesang. Zur Veranschaulichung dieser Erlebnisse möchte ich exemplarisch einige dieser Erfahrungen vorstellen. Heilsamen Erfahrungen:
„Ich kam mit Zurückhaltung und Verschlossenheit/Schutzmechanismus an – das Chanten und Tanzen öffnet mich. Alles in mir kommt in Wohl-Schwingung und in Fluss,...Ich fühle mich verbunden mit mir, kraftvoll und in meiner Stärke – sehr dankbar dafür! Ich bekomme Mut zur hingabe an das Leben. Erfahrungen von Transzendenz und Herz-Öffnung „Ich fühlte mich so vernetzt. Es war ein Gefühl eins mit Allem zu sein. Mit mir, der Gruppe, dem Göttlichen und den Elementen.“ „Voller Wehmut brach der Klang aus mir heraus, erst war es ein Bächlein, dann ein Fluß und dann ein Strom...der Strom Gottes und der Heiligkeit ergoss sich in mir...Für diese ganzen Empfindungen gibt es nur ein einziges Wort...und das heißt L I E B E“ „Die Lieder lösen Blockaden, wenn die Töne fließen öffnet sich das Herz und alle Sinne...“ Singen ermöglicht einen natürlichen Zugang zu Öffnung des eigenen Herzens und zur spirituellen Quelle. Wir können teilhaben, an den segensreichen und heilsamen Wirkungen des dabei entstehenden Gruppen-Energiefeldes. Manchmal scheint bei solchen Formen des Singens eine ganze Gruppe in ein gemeinsames Gipfel-Erlebnis einzutauchen. Wenn so etwas geschieht, breitet sich unter den Teilnehmern und im Raum eine Atmosphäre der Wärme, Andacht und Ergriffenheit aus, die schwer zu beschreiben ist. Singen wird hier zur Meditation. Die Stille, die auf das gemeinsame Singen folgt ist dann erfüllt von einer ungeheuren Intensität. Diese Erfahrungen können für einzelne Menschen unmittelbar die Sinnhaftigkeit des eigenen Daseins erlebbar machen. Doch ihre Bedeutung weist über den einzelnen Menschen hinaus. Der transpersonale Psychologe Maslow vertrat die Ansicht, dass solche Erfahrungen nicht nur für die individuelle Gesundheit wichtig, sondern generell für eine gesunde Gesellschaft und Kultur von großer Bedeutung sind: „Ohne das Transzendente und Transpersonale werden wir krank, gewalttätig und nihilistisch, oder sonst hoffnungslos und apathisch. Wir brauchen etwas `Größeres, als wir selbst es sind`, um Ehrfurcht davor zu empfinden...“ (Maslow, Abraham, 1983, „Humanistische und Transpersonale Psychologie“ in: Zeitschr. f. Transpersonale Psychologie, Nr.1, Freiburg) Singen als Beitrag zum Frieden
Leider wird bisher dieses friedensstiftende Potential, welches im gemeinsamen Singen und Musizieren liegt, kaum wahrgenommen. Während sich die Klagen über Gewalt und Verrohung in der Gesellschaft häufen, übersehen Poltitiker und Entscheidungsträger meist das gewaltpräventive Potential von Gesang und Musik. Seit Jahrtausenden spielten jedoch friedensstiftende Rituale durch Gesang bereits bei Naturvölkern eine wichtige Rolle und haben sich unter den Bedingungen des oft harten Stammeslebens bewährt. Bei den Mbutis, einem Pygmäenstamm im Kongo, wird noch heute ein spezielles Gesangsritual abgehalten, wenn Streit zwischen den Stammesmitgliedern ausbricht. Alle Mbutis müssen dann eine ganze Nacht lang miteinander singen, um ´Mutter Wald` wieder zu beruhigen. Bei schweren Verstößen könne solche Gesänge sogar mehrere Nächte andauern. Evolutionsbiologische Forschungen sprechen dafür, dass das friedensstiftende Potential des Singens sogar in unseren Genen verankert sein könnte. Bei duettierenden Vogelarten und den uns sehr nahe stehenden Siamang-Gibbons wurde gezeigt, dass deren Duettgesänge die soziale Bindung stärken. Weitere Forscher wiesen die Ausschüttung des „Liebeshormones“ Oxytocin durch Musik und Gesang nach. Oxytocin ist in hohem Maße für die Entstehung von Gefühlen der Verbundheit, Wertschätzung und Fürsorge zwischen Menschen verantwortlich. Musik und Gesang führen außerdem zu einem Abbau des „Agressionshormones“ Testosteron und des Stresshormones Cortisol. All diese Belege sprechen also dafür, dass Singen bereits bei den Vorfahren der Menschen dazu diente, soziale Spannungen auszugleichen und die Verbundenheit untereinander zu stärken. Aktuelle Forschungen aus der Musikpädagogik konnten zusätzlich den Nachweis erbringen das Schüler an musikbetonten Schulen andere Schüler weniger ausgrenzen und mehr soziale Kompetenz entwickeln. Singen und Musizieren wirken gewaltpräventiv und daher sollte Musik m. E. das wichtigste Fach an unseren Schulen sein. Derzeit fällt jedoch bis zu 60% des Musikunterrichtes aus. Diese Ergebnisse werden durch Forschungen Karl Adameks zur Wirkung des Singens bestätigt, die zeigten, dass singende Menschen sozialer, hilfsbereiter und gelassener sind als Nichtsinger. In Anbetracht der angespannten weltpolitischen Lage könnten multikulturelle und globale Formen gemeinsamen Singens neue Chancen für die Schaffung friedfertiger Kulturen eröffnen. Da wo sich Menschen unterschiedlichster Nationalitäten, Religionen und Wertesysteme durch Gesang verbinden entsteht Freude, Herzlichkeit und Mitgefühl. Und je mehr diese Verbundenheit miteinander geteilt wird, um so geringer ist Gefahr von Feindseligkeit und Aggression. Jeder kann singen Singen ist ein nachhaltiger „Gesundheitserreger“, der uns helfen kann unser seelisches und körperliches Gleichgewicht zu festigen und in Krisenzeiten wieder in unsere Mitte zurückzufinden. Notwendig ist hierbei allerdings, den Mut zu fassen, vorhandene Hemmungen und Blockaden zu überwinden. Leider machen viele Menschen in westlichen Kulturen bereits als Kinder negative Erfahrungen beim Singen. Dies reicht von deplazierten Kommentaren bis zum traumatischen „Vorsingen“ in der Schule. Im Folgenden will ich daher einige Anregungen und Tipps geben, wie ein Zugang zur eigenen Stimme wiedergefunden werden kann: Tipps zu gesundheitsfördernden Singen: Es gibt beim Singen keine Fehler, sondern nur Variationen - Erlauben Sie sich aus vollem Herzen zu singen und bewerten Sie sich nicht kritisch, sondern genießen Sie Ihren stimmlichen Selbstausdruck Singen ist immer ein Geschenk - Betrachten Sie ihren Gesang als Geschenk für sich selbst und für andere Menschen Sollten jemand das nicht zu schätzen wissen, lassen Sie sich nicht entmutigen – es gibt schon zu viel verschlossene Menschen auf der Welt Singen oder summen Sie - unter der Dusche, im Auto oder beim Spazierengehen Ihre Lieblingsmelodien mit Hingabe und Freude, wie dies Kinder tun Suchen Sie sich Singgruppen - die nicht leistungsorientiert sind (Mantra-Singen, Chanting-Gruppen, Gesangsvereine, Chöre, in denen der Spass im Mittelpunkt steht Nehmen Sie Gesangsunterricht - bei einem Lehrer, der Ihnen hilft, Ihre eigene Stimme zu entfalten und nicht wie jemand anderes zu singen (ansonsten wechseln Sie schnell den Lehrer!) Improvisieren Sie spielerisch - mit Ihrer Stimme und erfinden Sie eigene Melodien Besuchen Sie Singworkshops - in denen es um heilsame Formen des Singens geht Der Artikel erschien ursprünglich in Esotera-Magazin, 1/06 Bücher von Wolfgang Bossinger u.a. (Klick auf den Buchtitel führt zur Rezension des Buches): Die heilende Kraft des Singens von Wolfgang Bossinger Schwingung und Gesundheit von Wolfgang Bossinger, Raimund Eckle (Hrsg) Chanten von Wolfgang Bossinger, Wolfgang Friederich Informationen zu gesundheitsförderndem Singen, Seminare, weiterführende Links: www.healingsongs.de Wolfgang Bossinger Diplom-Musiktherapeut, Psychotherapeut (HPG), Musiker, Komponist, Gesangsforscher, Buchautor, beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Erforschung des heilenden Potentials von Musik und Gesang, Seminare und Vorträge, Dozent an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen, zahlreiche Veröffentlichungen und Mitwirkung bei Rundfunk - und Fernsehsendungen. Text verlinken
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